Vietnam

Die Schneiderin

27.12.2022 - 29.12.2022

Wir verliessen unser Weihnachtsapartment und bestellten ein Grab Taxi. Dieses kam und sogleich stiegen wir beim Fahrer namens Nguyen ein. Das Wetter war immer noch grau. Uns war nicht ganz klar ob es sich um Nebel oder um Smog handelt. Nguyen kam und wir fuhren mit ihm durch die ganze Stadt. Während der Fahrt schauten wir gespannt aus dem Fenster des kleinen Autos und waren fasziniert vom bunten Treiben überall. Wir kamen bei unserem neuen Appartment in Hanoi an. Dieses lag etwas mehr im Stadtzentrum. So konnten wir am nächsten Tag die Stadt zu Fuss erkunden. Wir bedankten uns auf vietnamesisch und checkten in unserem neuen Hotel ein. Wir hatten heute nicht mehr allzu viel los. Am Nachmittag hatten wir uns nochmals mit Rainer zum Spielen verabredet und am Abend wollten wir noch unsere Resten der letzten Tage kochen. Das Spielen machte Spass, auch wenn Rainer gewann. Aber es war schön, ihn gewinnen zu sehen. Am Abend kochten wir gemeinsam und assen dann gemütlich zu Abend bevor wir uns ins Bett begaben.

Am nächsten Tag wollten wir nun endlich etwas von Hanoi sehen. So stand ich voller Tatendrang auf und machte mich auf den Weg, um in einer französischen Bäckerei frische Brötchen zu holen. Als ich mit meinen kurzen Hosen und meinem T-Shirt draussen ankam, war es immer noch grau. Hinzu kam, dass es auch noch leicht regnete. Nichts desto trotz bahnte ich meinen Weg durch den Verkehr von Hanoi. Und der hatte es in der Tat in sich. Wir waren nun schon an vielen Orten auf dieser Welt. Und nirgends ist der Verkehr so gesittet wie in der Schweiz. Aber was sich hier vor mir abspielte hatte ich wirklich noch nie gesehen. Die ganze Strasse war voller Autos. Hinzu kam die schier unendliche Menge an Roller. Überall wo es auch nur ein wenig Platz hatte für einen Roller war einer. Die Leute fuhren überall. Auf der Strasse, auf den Gehwegen sogar auf der Gegenfahrbahn. Es war sogar üblich auf der Gegenfahrbahn zu fahren und sich erst im letzten Moment wieder in die eigene Spur zu drängen. Kurven wurden geschnitten und so gab es auch oft Situationen, in denen links und rechts die Fahrzeuge in eine Richtung fuhren und in der Mitte in die andere Richtung. Alles wurde natürlich mit einem fröhlich aggressiven Hupen begleitet. Die Gehwege waren meistens mit Rollern zugeparkt und deshalb nicht zum Laufen geeignet. So bewegten sich neben Rollern und Autos auch noch Menschen auf den Strassen. Jedoch immer sehr vorsichtig und angsterfüllt. Bei jeder Strassenkreuzung gab es aber Lichtsignale, auch für Fussgänger. Aber anders in der Schweiz hat man bei grün keinen Vortritt. Autos und Roller fahren genau gleich wie zuvor über die Strasse. Die Ampel bedeutet lediglich, dass der Verkehr nun etwas günstiger für Fussgänger fliesst. Sonst gar nichts. Wenn man an der Strassenkreuzung wartet, bis keine Autos mehr kommen, wartet man für immer. So hiess es meistens Augen auf und einfach laufen. Aber stand man einmal mitten auf der Strasse, bedeutete dies auch nicht, dass die Fahrzeuge anhielten. Nein, man fuhr einfach mit etwas mehr oder vorallem weniger Abstand um das Hindernis auf der Strasse herum. Ich hatte so etwas noch nie erlebt und ich glaube, man muss es einmal erlebt haben, um zu verstehen wie chaotisch hier alles ist.

Ich schaffte es dann doch wohlbehalten zur nächsten Bäckerei, kaufte uns ein neues Baguette und für Lena ein Schoggibrötli. Anschliessend machte ich mich wieder auf den Weg zurück durch das Getümmel zum Hotel. Der Regen half dem Verkehr auch nicht viel. Eher im Gegenteil, die Rollerfahrer wurden noch ungeduldiger und es wurde noch schwieriger, die Strassen zu überqueren. Ich schaffte es auf jeden Fall gut zurück ins Appartment und so genossen wir unsere Brötchen und das uns altbekannte Frühstück.

Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg in die Stadt. Ich hatte wieder eine Walking Tour auf mein Handy geladen, welcher wir nun in das Stadtzentrum folgten. Unser Weg führte uns in einen grossen Park mit einem See. Wir liefen entlang der Wasserfront, der Regen hatte sich inwzischen etwas gelegt. Im Wasser sahen wir vereinzelt tote Fische in der Grösse von Forellen an der Wasseroberfläche treiben. Wenn ich es mir recht überlege, habe ich noch selten tote Fische gesehen. An was diese wohl gestorben waren? Wir erreichten dann langsam das Stadtzentrum und verliessen den Park. Das gemütliche nebeneinander Spazieren war nun wieder vorbei und wir kämpften uns durch den Verkehr von Hanoi. Unser erstes Ziel war Hanoi Hilton. Ein altes Gefägnis der Franzosen, welches den liebevollen Spitznamen der Luxushotelkette von Paris Hilton erhielt. Natürlich gab es im Innern der Anlage überhaupt keinen Luxus, sondern Folter und unmenschliche Zustände standen an der Tagesordnung. Das Gefängnis wurde während dem Vietnamkrieg auch von den Viet Kong verwendet. Der berühmteste Gefangene war wohl der Präsidentschaftskandidat John McCain aus den USA.

Wir liefen weiter und unser Weg führte uns zur Train Street. Eine Strasse, die eigentlich nur aus einer Schienenspur bestand. Links und rechts gab es Wohnungen und Restaurants. Zweimal am Tag fährt hier immer noch der Zug hindurch. Dabei passt der Zug nur knapp durch die enge Gasse. Restaurants müssen in dieser Zeit die Stühle ins Haus schaffen und die Touristen sind angehalten, nahe an den Hauswänden zu stehen. Da es in den letzten Jahren oft Unfälle mit Touristen gab, darf man sich als Tourist nun nur noch in den Restaurants aufhalten. Die Eigentümer sind dann auch sehr bemüht, die Gäste während der Zugdurchfahrt im Restaurant zu behalten.

Unser Weg führte uns weiter durch weitere quirlige Quartiere von Hanoi. So durchquerten wir das französische Quartier, kamen an eimem Quartier vorbei, in dem nur Lampen verkauft wurden, passierten die alte französische Kathedrale und kamen dann zum Seidenquartier. Wir hatten schon so einiges gelesen über dieses Quartier. Es gibt viele Touristen aus aller Welt, die hier her kommen und sich Kleider oder Anzüge schneidern lassen. So bekommt man hier einen massgeschneiderten Anzug für umgerechnet 80.- Franken. Ich hatte es mir auch schon überlegt, mir hier einen Anzug zu kaufen, aber irgendwie hatte ich mich nicht dafür. Wir schlenderten durch die Gasse und fanden dann eine kleine Boutique mit einem wirklich schönen Anzug im Schaufenster. Lena und ich betrachteten den Anzug etwas und schon lächelte uns auch die Besitzerin entgegen und öffnete uns die Tür. Sie sagte wir sollen doch reinkommen. So betraten wir den kleinen Laden mit vielen ausgestellten Kleidungsstücken. Sie erzählte uns, dass sie hier gerade neu ihren Laden aufgemacht habe. Sie hatte vorhin einen Laden etwas ausserhalb der Stadt und nähte dort vor allem für französische Kunden Anzüge. Sie fragte uns, an was wir denn genau interessiert waäen und ich erklärte ihr, dass mir der Anzug gefallen hatte. Sie erklärte mir zusammen mit ihrer Tochter, die etwas besser englisch konnte, wie das ganze genau ablaufen würde. So konnte man den Stoff für den Anzug aussuchen und auch den Stoff für das Innenfutter. Anschliessend würde man noch abgemessen werden und dann konnte man den Laden wieder verlassen. Anschliessend bekommt man einen zweiten Termin, um den Anzug anzuprobieren und dann noch letzte Verbesserungen am Anzug vornehmen zu lassen. Anschliessend wird der Anzug per Post nach Hause geschickt. Ich war etwas unentschlossen. Irgendwie vertraute ich dem Ganzen nicht so, andererseits reizte es mich schon irgendwie mal einen massgeschneiderten Anzug zu besitzen. So ringte ich ein wenig mit mir und entschied mich dann, mir einen Anzug machen zu lassen. Ich suchte zusammen mit Lena den Stoff aus und liess mich von Kopf bis Fuss vermessen. Die Tochter notierte alle Masse genau und ich konnte an den ausgestellten Anzügen noch den gewünschten Schnitt auswählen. Nach ungefähr 30 Minuten erhielten wir dann einen Termin für den 06. Dezember und konnten den Laden wieder verlassen. Mit gemischten Gefühlen stand ich dann vor dem Laden. Wird das wohl klappen? Würde der Anzug gut aussehen und wirklich zu mir passen? Und falls alles gut geht, kommt dieser dann auch sicher zuhause an? Fragen über Fragen stellten sich mir. Ich war gespannt, wie diese Geschichte ausgehen würde. Jetzt konnte ich nur noch warten und mich überraschen lassen.

Wir liefen weiter und kamen dann zu einem weiteren kleinen See. Der Regen hatte wieder eingesetzt und der kalte Wind peitschte durch die Gassen. Wir waren immer noch mit unseren kurzen Hosen unterwegs und so war es auch nicht verwunderlich, dass wir langsam beide ziemlich kalt hatten. Wir entschieden uns, zurückzukehren in unser Appartment und dort noch einen gemütlichen Abend zu verbringen. Unterwegs kamen wir an einem McDonalds vorbei und wir konnten es uns nicht nehmen lassen, mal wieder einen kleinen Cheeseburger zu genissen. Lena kaufte sich dazu noch ein Kaffee und so machten wir uns gestärkt auf den Weg zurück ins Appartment.

Wir waren dann ziemlich erschöpft, als wir endlich im Appartment ankamen. Der Verkehr hier ist sehr anstrengend und auch das Gehupe macht einen Fussmarsch durch die Stadt nicht gerade zu einem Spaziergang. Wir gingen duschen, Lena schrieb noch etwas an unserem Blog und ich begann das Abendessen vorzubereiten. Wir assen anschliessend nochmals ein letztes Mal selber gekochtes Essen zu Abend, packten unsere Sachen für das grosse Abenteuer in den nächsten Tagen und gingen dann müde und erschöpft zu Bett.

Adrian Kölliker

03.01.2023

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