
Vereinigte Staaten von Amerika
Die krabbelnden Wunder der Natur
Am nächsten Morgen wachten wir erst spät auf in unserem Hotel. Das Fenster war vollständig abgedunkelt und ich wache jeweils nicht wirklich von selbst auf.
So verpassten wir auch das Frühstück im Hotel. Oder besser gesagt den flüssigen und festen Zucker. So schlimm war das also nicht. Wir checkten dann aus. Und obwohl
nun ein Mitarbeiter vor Ort war, benutzten wir trotzdem die Maschine mit dem Mitarbeiter irgendwo in der Ferne. Aber es klappte alles.
Wir fuhren also weiter und es ging zu unserem ersten Stopp - dem Naples Beach. Wir parkierten unser BBQ Auto und liefen zum Pier hinunter. Und dort sahen wir das Wunder!
Ein seegrasfreier Strand! Das Wasser war wunderschön blau und der Strand unglaublich weiss. Es war einer der schönsten Strände, die wir bis jetzt gesehen hatten. Das Wasser
war schön ruhig und der Strand flach abfallend. Perfekte Voraussetzungen also für unsere Beach Ball Spiel. Es dauerte dann auch nicht lange, bis wir im Wasser waren. Denn
es war schon wieder unerträglich heiss. Leider waren wir an diesem Tag nicht ganz alleine. Es war ein Sonntag und gefühlt alle Familien hatten wohl dieselbe Idee. Sie alle
brachten ihr Gartenzelt mit, Liegestühle, Kühlboxen und manchmal sogar noch einen Tisch. So waren sie gewappnet für einen ganzen Tag am Strand...
Wir blieben dann nicht ganz so lange wie die Familien und machten uns nach einer Stunde wieder auf den Weg. Unser nächstes Ziel war ein State Park. Auch dieser war wieder sehr
voll und wir mussten sogar auf den zweiten Parkplatz ausweichen. Wir cremten uns mit Sonnenschutz ein und machten uns dann auf den Weg an den Strand. Hierfür mussten wir noch durch
den State Park spazieren für 15 Minuten. Was für uns wunderschön war, nahmen viele Amerikaner (mit Zelt, Liegestuhl und Kühlboxen) nicht auf sich. Es gab auch extra ein Tram.
Wir kamen dann aber auch mit unseren Füssen gut am Strand an und waren etwas enttäuscht. Denn obwohl der Strand sehr schön war, war es doch etwas voll und das Wasser war etwas
weniger klar als noch am Naples Beach. Nichtsdestotrotz machten wir nochmals eine Beach Ball Lektion bevor wir uns zu Fuss wieder auf den Rückweg machten.
Als wir aus dem Park hinaus fuhren überraschte uns noch eine Landschildkröte auf dem Weg. Der Tag war gerettet und wir wussten noch nicht, dass dies erst der Anfang sein sollte.
Es war nun etwa 4 Uhr und wir wussten immer noch nicht, wo wir heute schlafen würden. Eigentlich war der Plan, noch einen anderen State Park zu besuchen. Doch irgendwie hatten
wir nicht mehr so viel Energie. So schlug Adi vor, dass wir uns auch einfach in der Nähe eine Unterkunft am Strand suchen könnten, anstatt noch im Dunkeln weiter hoch zu fahren.
Er fand dann auch eine tolle Unterkunft, die nicht weit weg war von uns. Wir buchten diese und wurden sogleich darauf hingewiesen, dass wir bis 5 Uhr einchecken sollten. Geplante
Ankunftszeit war 16:58 Uhr. Das Glück war also heute auf unserer Seite!
In der Unterkunft angekommen gingen wir sofort an den Strand. Und dieser war direkt vor unserem Hotel. Es war ein wunderschöner, verlassener Strand. Er war noch sehr naturbelassen
und das Wasser war wunderschön. So trainierten wir an diesem Tag schon zum dritten Mal unsere Beach Ball Künste und kühlten uns nochmals ab. Danach ging es dann frisch geduscht in
das 'Dorfrestaurant'. Es war ein Grill. Ich bestellte einen Quinoa Burger in der Annahme, dass dieser vegetarisch sei. Und ich bin mir fast sicher, dass es ein Hackfleischburger war,
dem einfach noch Quinoa hinzugefügt wurde. Auch der Cole Slaw Salat zu meinem "Vegi Burger" enthielt Speck. Vegi sein ist hier gar nicht so einfach.
Auf dem Weg zurück machten wir noch einen kurzen Halt für ein Gelato und beschlossen dann, nochmals am Strand entlang zu spazieren. Wir hatten nämlich etwas entdeckt. Am ganzen
Strand waren Pfosten in den Sand gesteckt. Und bei all diesen Pfösten hatte vor rund zwei Monaten Schildkröten Eier gelegt. Und wir hatten das unglaubliche Glück, dass
wir genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Denn die ersten Schildkröten waren schon geschlüpft! Also bewaffneten wir uns mit unserer Rotlichtlampe und liefen den
ganzen Strand auf und ab. Wir untersuchten alle Nester und hielten für trichterförmige Löcher oder eine Bewegung Ausschau. Leider war alles ruhig. Bis wir dann etwas weiter weg
ein Quad sahen mit Rotlicht. Wir liefen hin, weil wir vermuteten, dass vielleicht dort etwas schlüpfen würde. Und wir behielten Recht! Zwar schlüpfte kein Nest. Aber wir trafen
Freiwillige. Und diese erklärten uns, dass ein paar der Nester untersucht würden. So hielten sie jeden Abend Ausschau, ob ein Untersuchungsnest zu schlüpfen beginnt. Falls ja,
sammeln sie alle Schildkröten ein, bringen sie ins Spital und untersuchen alle. Sie checken, ob alle Schildkröten gesund sind und untersuchen, wie viele davon männlich und weiblich
sind. Am nächsten Abend bringen sie dann die Kübel wieder an den Strand und lassen die kleinen Schildkröten frei. Und genau zu diesem Zeitpunkt waren wir da! Der Freiwillige
nahm also einen Kübel mit Loggerhead Schildkröten und kippte ihn am Strand um. Es wimmelte dann nur so von kleinen, unglaublich süssen schwarzen Punkten am Strand. Und alle
winzigen Schildkröten suchten ganz unbeholfen ihren Weg ins Wasser. Einige brauchten dabei etwas Hilfe und andere schafften es ganz alleine. Es war so unglaublich zu sehen!
Es war mein grösster Wunsch, auf dieser Reise das Wunder erleben zu dürfen. Und nun hatten wir per Zufall genau das richtige Hotel gebucht und durften das hautnah miterleben.
Ich kneifte Adi und wir beide konnten nicht mehr aufhören zu strahlen.
Ganz begeistert wollten wir diese einmalige Chance in unserem Leben nicht ungenutzt lassen. So stellten wir Wecker auf 2 Uhr und standen mitten in der Nacht nochmals auf, um
Schildkrötenpatrouille zu machen. Wir liefen die Nester ab und schauten, ob irgendeines am Schlüpfen war. Leider hatten wir kein Glück und legten uns wieder schlafen.
Am nächsten Morgen regnete es ununterbrochen und so beschlossen wir, eine Nacht zu verlängern in der Unterkunft. Adi arbeitete noch etwas und ich ging einkaufen. Wir
beschlossen, endlich wieder etwas selbst zu kochen. Zum Mittagessen gab es Gemüse mit Gemüse und zum Abendessen Teigwaren mit Gemüse. Endlich konnten wir wieder einige
Vitamine aufnehmen. Ansonsten passierte nicht viel Spannendes. Wir brachten den Blog wieder auf den neusten Stand und erledigten noch einige Dinge, damit die Hochzeitsreise
eines anderen jungen Paars ein voller Erfolg werden kann.
Nach dem Abendessen folgte dann unsere erste Patrouille am Strand. Und siehe da. Fast am anderen Ende sahen wir einige rote Lichter. Wir bewegten uns auf sie zu. Und noch bevor wir
die Lichter erreicht hatten, kamen uns am Wasser kleine, schwarze Punkte entgegen. Es waren wieder Schildkröten! Und dieses Mal wurden sie nicht vom Spital freigelassen, sondern
sind von ganz alleine geschlüpft! Was für ein Wunder... Wir strahlten wieder über das ganze Gesicht, bevor wir ganz langsam vom Wasser Richtung Nest liefen. Und siehe
da, anscheinend waren gerade die letzten zwei Schildkröten aus dem Nest gekrochen und machten sich nun auf Richtung Wasser. Oder zumindest versuchten sie es. Wir verfolgten
einen kleinen Punkt und gaben der Schildkröte den Namen Ben. Wir beschlossen, dass der kleine Kämpfer wohl ein Männchen ist. Ganz unbeholfen schlug er zuerst den richtigen Weg ein.
Irgendwie wurde er dann aber abgebracht von seiner anfänglich richtigen Idee und bewegte sich dann nur noch seitwärts statt zum Meer. Wir versuchten immer wieder, ihn auf den
richtigen Weg zu bringen, ohne ihn zu berühren. Denn es ist wichtig, dass die Schildkröten den Weg selbst finden. Damit sie dann zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder an
denselben Strand zurück finden, um selbst Eier zu legen. Ben war aber nicht wirklich überzeugt, dass er zu den Haien und all den anderen gefährlichen Kreaturen ins Meer wollte.
So drehten wir ihn schliesslich immer wieder etwas Richtung Wasser und halfen ihm auf den letzten Metern. Am Wasser angekommen, wollte er wieder in die falsche Richtung krabbeln.
Es kam dann aber eine grosse Welle und der kleine Ben hatte keine andere Wahl mehr, als ins tiefe, schwarze Wasser zu gehen. Seine grosse Reise hatte begonnen. Und wir können nur
hoffen, dass er der eine aus 1'000 Schildkröten ist, die es ins Erwachsenenalter schaffen werden.
Wir kehrten danach zurück in unsere Unterkunft und stellten wieder einen Wecker für unsere zweite Patrouille. Pünktlich um 2 Uhr standen wir auf und kontrollierten wieder alle
Nester am Strand. Und siehe da. Bei zwei Nestern fanden wir tatsächlich eine trichterförmige Einbuchtung im Sand. Wahrscheinlich waren da die Schildkröten geschlüpft. Leider hatten
wir diese aber verpasst. Und obwohl etwas traurig waren wir irgendwie auch überglücklich, dass es so viele kleine Schildkröten geschafft hatten. Und hoffentlich bald wieder
an diesen Strand zurückkehren werden.
Am nächsten Morgen erholten wir uns noch kurz von all den neuen Eindrücken, telefonierten noch mit Rainer und machten uns danach wieder auf den Weg. Unser nächstes Ziel war
ein State Park. Und wer weiss, welche Tiere sich dort verstecken würden.

Lena Gisiger
17.08.2022

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