
Laos
Wie Affen im Wald
Wir standen an diesem Morgen etwas früher auf, um Adis Ausschlag zu begutachten. Er hatte nicht viel geschlafen, trotz Seidenschlafsack. Und der Ausschlag war zwar merklich
besser als vor dem Spitalaufenthalt, aber definitiv nicht besser als vor dem Schlafengehen. Es war immer noch an vielen Stellen rot. Aber zumindest war es nur noch an zwei
Stellen 'wachsend'. Adi ging nochmals duschen und entschied sich dann, dass er trotzdem mitmöchte zur Gibbon Experience. Wenn es nach einer Stunde Fahrt nicht gehen würde,
könnten wir ja immer noch wieder umkehren.
So packten wir unser Zeugs und checkten aus dem Hotel aus. Wir waren beide gottenfroh, endlich raus zu sein aus diesem Zimmer. Wir liefen dann kurz über die Strasse und
schon waren wir beim Büro angekommen. Dort deponierten wir unsere grossen Rucksäcke und kauften uns etwas Kleines für das Morgenessen. Es gab eine Banane und einen Riegel.
Auf mehr hatten wir nicht Lust. Pünktlich um 9 Uhr begann dann das Abenteuer. Wir waren rund 15 Personen im Raum und verteilten uns auf den vielen Sitzmöglichkeiten.
Gespannt lauschten wir dann den Erzählungen eines Guides. Er erzählte uns, dass heute zwei verschiedene Touren starten werden und dass wir in einem Baumhaus schlafen
werden. Danach folgte ein kleiner Einführungsfilm für das Ziplinen. Denn, wir mussten die Täler auf dieser Wanderung nicht runter und wieder hoch laufen. Nein, das Spezielle
an dieser Gibbon Tour ist, dass es Ziplines im Wald gibt, die einen im schnellen Tempo über die Täler transportieren.
Nach dem Sicherheitsvideo wurden noch ein paar Fragen beantwortet und dann ging es auch schon los auf das Abenteuer. Hinten auf der Ladefläche eines Pickups fuhren wir zu acht
rund eine Stunde Richtung Nationalpark. Denn die Organisatoren der Gibbon Tour haben es geschafft, in diesem Teil von Laos eine Art Ökotourismus aufzubauen. Sie haben es so auch
geschafft, dass dieser Teil des Urwalds zum Nationalpark klassifiziert wurde. Gleichzeitig bewacht die Organisation den Urwald und schützt so die darin lebenden Gibbons - die
Hauptattraktion. Ob wir diese süssen Äffchen wohl zu Gesicht bekommen würden?
Auf der Fahrt unterhielten wir uns mit den anderen sechs Teilnehmer*innen und freundeten uns an. Wir waren eine europäische Gruppe aus einem Pärchen von England, einem Pärchen
von Holland, einem Schweden und einem weiteren Holländer. So waren Adis Sorgen um seinen Ausschlag bald etwas in den Hintergrund gerückt. Auch da die anderen Teilnehmer*innen
sehr nett waren und sich sofort um seinen Ausschlag sorgten. So wussten wir, dass wir in guten Händen waren und entschieden dann auch, die Tour durchzuziehen. Die Alternative
wäre ja auch gewesen, wieder in das Dorf zurückzukehren. Und das wollten wir ja auch nicht.
So stiegen wir aus dem Auto aus und bekamen sogleich unseren Klettergurt. Diesen zogen wir an und nach einer kurzen Einführung liefen wir zwei Minuten ums Haus und schon stand
unsere erste Zipline an. Wir mussten einen Fluss überqueren. Eine Person nach der anderen klinkte sich also zuerst beim Sicherheitsseil ein. Das Fahrgestell kam dann auf das
richtige Seil und sobald drei Mal am Seil gezogen wurde, konnte man den Sicherheitskarabiner auf die Rolle legen und losflitzen. Und es war ein tolles Gefühl. Die Aussicht
war noch nicht spektakulär. Aber es machte richtig Spass. Kaum ab dem Seil drab hiess es dann aber zuerst einmal laufen. Vor uns stand ein rund zweistündiger Fussmarsch den Berg
hoch. So liefen wir auf einem schmalen Pfad hoch und staunten immer wieder über den Urwald um uns herum. So fanden wir in der Nähe des Dorfes noch Gummibäume, bei denen
eine weisse Flüssigkeit aus dem Baum entnommen wird. Danach wurde der Urwald immer natürlicher und wir sahen viele kleine Tiere. Anstrengend war es aber auch. So gönnten wir uns
immer wieder kleine Pausen und schon bald gab es das Mittagessen. Ein leckeres Sandwich. Was für euch langweilig tönt, war für uns ein Festmahl! Wie lange hatten wir schon nicht
mehr gutes Brot, eine Sauce im Sandwich und dazu noch Salat?
Gestärkt ging es weiter und schon bald folgten auch die 9 Ziplines, die uns versprochen wurden. Es ging los mit der ersten - und oh wow! Ich wusste, dass sie hoch und lang waren.
Aber da standen wir, an einem Abgrund und überall um uns herum gab es nur Dschungel. Es war wunderschön! Und rund 300 Meter über dem Boden hing das Seil. Nachdenken half uns jetzt
aber nicht weiter und zurück ging es ja eh nicht mehr. So hing ich mich zuerst ans Seil und los ging es. Ich hatte mir vorgenommen, die Landschaft zu geniessen und nicht nach unten
zu schauen. Das gelang mir zum Glück auch. Und als ich auf der anderen Seite ankam, war ich stolz und glücklich. Stolz, dass ich meine Höhenangst fast überwunden habe auf dieser
Weltreise. Viel Zeit zum Überlegen blieb mir aber nicht, denn schon kam Adi angesaust. Leider aber nicht ganz so schnell wie ich und so hielt er kurz vor dem Ziel an. Er musst sich
umdrehen und sich wie ein kleiner Affe ans Ziel hangeln. Er kam aber gut an und auch er hatte ein riesiges Lachen auf dem Gesicht! So ging es weiter. Wir liefen von Zipline zu Zipline,
manchmal nur fünf Minuten, manchmal 20 Minuten. In dieser Zeit unterhielten wir uns mit den anderen und wurden langsam zu einer guten Gruppe. Der Tag verging wie im Flug und schon
waren wir bei unseren letzten Zipline angekommen. Der Zipline ins Baumhaus!
Das Seil war nicht allzu lang, aber es führte direkt ins Baumhaus. Ich hing mich dran und flog direkt ins Baumhaus. Da ich etwas zu schnell unterwegs war, umarmte ich auch sogleich
den riesigen Baum, der uns tragen sollte in dieser Nacht. Die Ankunftsplattform war sogleich auch der unterste Stock des Baumhauses und beherbergte ein kleines Badezimmer. Zu
unserer Freude gab es ein richtiges WC und auch eine Dusche. Es sah wunderschön aus! Wir entledigten uns unseren Schuhen und stiegen ein Stockwerk höher. Dort wartete die grösste
Plattform auf uns. Es gab eine kleine Küche, 4 Schlafmöglichkeiten und einen kleinen Tisch und Bambusstühle. Es gab noch eine weitere Plattform, die oberste. Dort hatte man die
beste Aussicht. Und es gab zwei weitere Betten. Jedes Bett war mit einem eigenes Mückennetz und dicke Decken ausgestattet. Es war wie in einem Kindheitstraum. Wir setzten uns hin und genossen
die Aussicht.
Wir alle gingen noch kurz duschen. Das Wasser war eiskalt und ich getraute mich gar nicht recht, darunterzustehen. Denn unter mir gab es nur Bambuslatten mit Spalten dazwischen.
Und dort plätscherte das Wasser Richtung Boden. Ach ja, dieser war übrigens 38 Meter unter uns... Das Baumhaus hatte keine Wände und so konnte ich vor mir die wunderschöne Landschaft
bestaunen. Mit einer so schöner Aussicht hatte ich aber noch nie geduscht und es war sehr erfrischend. Wieder oben genossen wir den Sonnenuntergang und schrieben die eine oder andere Postkarte.
Schon bald hörten wir die Zipline zittern und schon kamen drei weitere Helfer*innen angesaust mit unserem Nachtessen. Sie liessen die 10 Töpfe auf dem Tisch stehen und sausten wieder davon.
Wir waren jetzt also alleine im Dschungel. Gemeinsam genossen wir das Abendessen und degustierten alles ohne Fleisch. Adi zog es danach direkt unter die dicke Decke. Es juckte ihn immer noch stark.
Während er den Vögeln zuhörte, spielten wir anderen noch ein kleines Spiel. Es war sehr lustig und wir hatten eine gute Zeit. Irgendwann wollten wir aber die Sterne sehen. So löschten wir das Licht aus,
und gingen langsam ins Bett. Ich kuschelte mich unter Adis Decke und er cremte sich nochmals ein. Danach versuchten wir, etwas zu schlafen.
Ich konnte anfangs rund drei Stunden schlafen. Danach wurde ich aber geweckt und versuchte dann, Adi endlich zum Schlafen zu bringen. Gerade als er sich etwas beruhigt hatte und
sich nicht mehr kratzte, musste sich die Engländerin übergeben. Dank des offenen Badkonstrukts hörten wir das leider und konnten so auch nicht wieder einschlafen. Erst als die
Sonne langsam wieder aufging schlossen sich unsere Augen und wir schliefen endlich. Schon bald gingen dann die anderen auf eine morgendliche Zipline Runde. Wir beide und der
Holländer blieben aber im Baumhaus. Wir erholten uns noch etwas und wie sich herausstellt, hatte es sich gelohnt, nicht mitzugehen. Denn der Zufall wollte es, dass Adi einen
Gibbon sah! Während er auf dem WC sass... Wir alle drei verfolgten den kleinen schwarzen Wollknäuel. Dieser war aber leider schnell wieder weg. Aber wir waren überglücklich!
Normalerweise sieht man keine Gibbons - schon gar nicht auf der kurzen Tour.
Wir kamen zwar etwas durchgerüttelt aber sehr glücklich wieder in Huay Xai an. Wir alle hatten uns lieb gewonnen und es war komisch, wieder in der 'normalen' Welt mit
Handyempfang zu sein. So konnten wir dann auch endlich googeln, wer die WM gewonnen hatte. Wir schulterten wieder unsere Rucksäcke, gaben die Postkarten ab und verabredeten
uns mit den anderen für ein Nachtessen.

Lena Gisiger
26.12.2022

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