
Guatemala
Der Vulkan
So wachten wir am nächsten Morgen mehr oder weniger ausgeschlafen auf. Wir packten unsere Sachen und liefen früh los, damit wir
beim Büro der Expedition genug Zeit hatten, um unsere Sachen umzupacken. Vollgepackt mit all unserem Gepäck liefen wir zum Büro
der Expedition. Die Sonne schien und der Himmel war strahlend blau. Wir freuten uns auf die bevorstehende Wanderung. Beim Büro
angekommen war die Türe natürlich noch verschlossen. Dafür war ein anderes Paar auch schon da am Warten. Steph und Marty aus
Australien. Wir sprachen kurz mit ihnen und freundeten uns sehr schnell an. Sie waren etwas älter als wir und sind gerade für
3 Monate in Zentralamerika unterwegs. Wir sprachen etwas miteinander und kurze Zeit später ging dann auch schon die Türe zum
Büro auf. Wir traten ein, sicherten uns ein Schliessfach für unser Gepäck, suchten unter den bereitgestellten Dingen einen
Wanderrucksack und etwas warme Kleider für uns heraus und packten dann unsere Wanderrucksäcke. Anschliessend verstauten wir
unser Gepäck in den ergatterten Schliessfächern und beobachteten die anderen Wanderer, die nach und nach eintrafen. Wir
musterten alle genau, und versuchten uns zu überlegen, ob wir jetzt die unfittesten Wanderer waren. Aber zu unserer Erleichterung
waren noch andere Leute da, die nicht so oft wanderten. So warteten wir etwas beruhigt, bis es dann endlich los ging.
Als alle Leute ihre Wanderrucksäcke gefunden und gepackt hatten, teilten wir uns auf in zwei Gruppen und stiegen in einen
Transporter. Von da aus fuhren wir ungefähr 5 Minuten. Dann hiess es schon wieder aussteigen. Wir waren bei einem kleinen
Restaurant angekommen, bei dem wir frühstücken konnten. Es gab Bohnen mit ungesalzenen Tortillas, dazu Rührei und gebratene
Platanas. Die Tortillas schmeckten mir nicht so, aber ich ass alles auf, damit ich genug Energie für die bevorstehende Wanderung
hatte. Beim Essen sassen wir neben Steph und Marty und lernten diese noch etwas besser kennen. Wir verstanden uns sehr gut. Sie
erzählten uns, dass sie vor einiger Zeit auch für 12 Monate unterwegs waren. Gespannt lauschten wir ihren Erzählungen über die
vergangenen Reisen und sogen alle Tipps auf, die wir konnten.
Schon bald ging es dann weiter. Wir stiegen in die Transporter und fuhren los. Wir fuhren in Antigua los, welches ungefähr
1500 Meter über Meer liegt und fuhren ungefähr eine Stunde bis zum Ende der Strasse am Fusse des Vulkans, welcher bereits 2400
Meter über Meer lag. Schlafen sollten wir auf 3400 Metern. Also lagen vor uns ungefähr 1000 Höhenmeter, die wir zu bewältigen hatten.
Der Transporter fuhr auf den Vorplatz einer Guatemalesischen Familie. Dort angekommen konnten wir noch Wanderstöcke (also blau
angemalte Äste) für 5 Quetzales mieten. Der Guide hatte uns dies empfohlen und so machten wir das. Wir erhielten anschliessend noch
je ein Tupperware mit Nudeln für das Abendbrot und etwas Material, welches für die ganze Gruppe gebraucht wurde, wie Bananenbrot,
Wein, Nutella, Milch usw. Zusammen mit den 4 Litern Wasser, der warmen Kleidung und dem Essen hatte jetzt unser Rucksack schon ein
schönes Gewicht erreicht. Als alles Material verteilt wurde, wanderten wir alle vollgepackt los.
Gut nicht ganz alle wanderten los. Und nicht alle waren vollgepackt. Zwei der Wanderinnen hatten sich dazu entschieden, sich für
700 Quetzales mit dem Pferd hochtragen zu lassen. Andere hatten keine Lust den Rucksack selber zu tragen und bezahlten 200 Quetzales,
damit Einheimische ihren Rucksack nach oben trugen. 5 Stunden schwerbepackt hochwandern und etwa 4 Stunden herunterwandern für 200 Quetzales
(ungefähr 20 Franken). Das hinterliess uns etwas nachdenklich.
Nichts desto trotz ging es jetzt los. Natürlich hatte sich die Sonne langsam hinter dicken Wolken versteckt. Und wir merkten, dass es
sichtlich kühler geworden war auf dieser Höhe. Wir folgten ungefähr 200 Metern der aspahltierten Strasse und dann bogen wir ab, auf
eine Schotterstrasse, die steil den Vulkan hochging. Umgeben waren wir hier von Landwirtschaftsland, auf welchem hauptsächlich Mais
angebaut wurde, welches von den Einheimischen auch von Hand wieder abgelesen wurde. Wir sprachen mit den anderen Leuten auf der Wanderung
und lernten viele interessante Menschen aus der ganzen Welt kennen. Nach ungefähr 30 Minuten erreichten wir ein kleines Gasthaus, bei dem
wir unsere erste Pause einlegten. Von hier aus hatte man eine wunderbare Aussicht über das ganze Land zu Fusse des Vulkans. Gut ich sollte
besser sagen hätte. Denn inzwischen kam zu den dicken Wolken auch weisser, undurchschaubarer Nebel empor, welcher uns für den Rest der
Wanderung zum Gipfel verfolgen sollte. Beim Gasthaus verkaufte man diverse kleine Artikel wie Snickers, Pommes Chips usw. Daneben hatte es
noch einen Stand, der frische Früchte und Orangensaft verkaufte. Lena und ich gönnten uns ein Glas frischgepressten Orangensaft und einen
Becher voll geschnittene Früchte. Es hatte sogar fast keine Papayas drin, die mag Lena nämlich gar nicht. Danach kaufte ich uns noch ein
Snickers und einen Beutel M&M's. Wir versprachen uns, diese zu essen, sobald wir oben angekommen waren.
Als alle sich verpflegt hatten, ging es weiter. Der Weg wurde schmaler und war nun von Stacheldrahtzaun umgeben. Links und rechts
war immer noch alles voll von Maisfeldern. Der steile, schotterne Weg wurde ab und zu von steilen Treppen unterbrochen. Die Treppen waren
zum Teil so hoch, dass Lena sich längere Beine wünschte. Der Aufstieg wurde sehr schnell sehr anstrengend. Der Schweiss lief uns in
Strömen vom Körper und wir merkten schon bald, dass wir auf 2500 Metern über Meer waren. Ich machte mir beim Aufstieg etwas Sorgen, dass
ich höhenkrank werden könnte. Schon bald machte sich bei mir auch etwas Kopfweh bemerkbar. Ich hoffte, dass dieses nicht schlimmer werden
würde und wanderte weiter.
Ungefähr 30 Minuten später, war ich schon sehr ausser Atem. Ich brauchte langsam wirklich eine Pause und war dann sehr froh, als wir bei
einem kleinen Häuschen angekommen waren, bei welchem wir eine Gebühr für das Betreten des Nationalparks bezahlen mussten. Inzwischen hatte
es begonnen zu regnen. Auf einem kleinen Holzstehtischchen füllten wir unser Formular aus, welches wir anschliessend im kleinen Holzhäuschen
abgeben mussten, zusammen mit 50 Quetzales, welches die Eintrittsgebühr für den Park war. Als alle das Häuschen passiert hatten, ging es dann
auch schon wieder weiter. Wir waren inzwischen auf 2800 Metern über Meer angekommen.
Die folgenden 600 Höhenmetern legten wir in den nächsten zwei Stunden zurück. Wir machten ungefähr alle 30 Minuten wieder eine Pause auf
kleinen Plätzen, auf denen es Einheimische gab, die auf einem selbstgezimmerten Tisch Waren wie Snickers, M&M's, Gatorade und andere
Süssigkeiten anboten. Wir kauften hin und wieder einen kleinen Riegel, um etwas an Energie zu kommen. Bei den Pausen wurde es inzwischen
schnell kalt. Die Temperaturen waren ungefähr noch bei 10° Celsius. Die Landschaft hatte sich inzwischen vollkommen verändert. Von grünen
Landwirtschaftsfeldern waren wir inzwischen in einem dichten Nebelwald angekommen. Natürlich inklusive Nebel. Die letzen Meter kratzen
schon stark an meinen Kräften. Ich brauchte am Schluss häufiger einige kleine Pausen. Lena hingegen lief wie ein junger Steinbock den Berg
hinauf. Die Führer waren aber zum Glück sehr fürsorglich und ermunterten mich auch ab und zu eine Pause zu machen. Unsere Gruppe hatte sich
inzwischen sehr verteilt. Einige waren vor uns und einige hinter uns. Als ich dann endlich um eine Kurve bog, und vor mir eine kleine
Lichtung mit den anderen aus der Gruppe gesehen habe, war ich sehr erleichtert. Es war Mittagszeit. Wir hatten die 600 Meter hinter uns
gebracht und waren nun auf ungefähr 3400 Metern über Meer. Wir zogen unsere warmen Kleider an und begannen das Sandwich zu essen, welches
unser Mittagessen war. Am Anfang hatte ich Angst, dass es etwas wenig war. Aber ich hatte gar nicht so gross Hunger. Mir war auch ein wenig
übel. Aber im Grossen und Ganzen ging es mir gut. Nach dem Essen legten wir uns kurz hin und dösten etwas.
Der Rest der Wanderung war unglaublich schön. Wir wanderten dem Nebelwald entlang auf geschwungenen breiten Wegen. Die Wege gingen manchmal
nach oben, manchmal nach unten. Aber grössten Teils ging es gerade aus. Die Aussicht von hier über das ganze Land wäre wirklich unbeschreiblich
gewesen. Leider sahen wir wegen des Nebels nichts. Nach gut 2 Stunden Wandern kamen wir dann bei unserem Basecamp auf 3400 Metern Höhe an.
Das Basecamp bestand aus mehreren kleinen Holzhäuschen, in denen wir am Abend auf dem Boden schlafen konnten. Dazu hatte es eine Holzhütte,
welche nur aus Pfosten und Dach bestanden. Da gab es eine Feuerstelle, einen Sitzbank und eine kleine Küche. Lena und ich setzten uns an
die Feuerstelle. Wir schauten uns glücklich an. Wir hatten es geschafft. Uns umgab dicker Nebel, aber das war uns egal. Wir waren oben
angekommen. Die Guides bereiteten die kleinen Häuschen vor und wir sassen da und gönnten uns unser Snickers. Und während wir da sassen
und unser Snickers assen, verzog sich der Nebel. Dahinter kam ein mächtiger Vulkan hervor. Zuerst nur schemenhaft, dann aber immer deutlicher.
Und als wir dann den Vulkan ganz deutlich sahen hörten wir ein lautes Donnern und sahen wie Felsen aus dem Vulkan gesprengt wurden und dicker,
schwarzer Rauch über dem Vulkan aufstieg. Wir bestaunten das Naturspektakel und genossen unser Belohnungssnickers.
Schon bald darauf waren dann die Häuschen bereit und wir bezogen unsere Unterkunft. Gemeinsam mit einem Paar aus Slowenien. Wir wechselten
noch ein paar Worte mit Ihnen. Sie waren etwa auch in unserem Alter und wir sprachen über unsere Heimat. Über Berge zuhause, über Skifahren
und übers Wandern. Dann fragten sie uns, ob wir schon mal in Slowenien waren. Wir beide verneinten. Doch dann sah ich vor meinem inneren Auge
eine Autobahn. Und eine Autobahnvignette. Und dazu ein Hostel mit einem Gefängnismotiv. Und dann kam es mir wieder in den Sinn. Ich war schon
mal in Slowenien. In Ljubljana. Mit Hannes und Philipp. Und so sprachen wir noch mit ganz vielen anderen Personen in unserer Gruppe und lernten
Menschen von überall auf dieser Welt kennen. Dazu beobachten wir, wie der Nebel immer wieder kam, den Vulkan umhüllte und sich wieder verzog.
Wie der Vulkan donnerte und rauchte und immer wieder ausbrach. Mal mehr und mal weniger. Immer kniffen wir unsere Augen zusammen und versuchten
einen roten Schimmer zu sehen. Leider kam es nie dazu. Die schönen Bilder mit der Lava auf dem Prospekt konnten wir leider nicht live
erleben.
Die Guides kümmerten sich gut um uns. Es gab Wein, selbstgemachte warme Schokolade. Natürlich nicht mit Milch, sondern mit Wasser. Aber das
war mir egal. Hauptsache etwas Warmes. Und schon bald gab es dann die selber mitgebrachten Teigwaren mit einer Tomatensauce. Wir sassen alle
um das Feuer und erzählten uns Geschichten von unserer Heimat und von vergangenen Reisen. Alle waren immer sehr erstaunt, wenn wir ihnen erzählten,
wie lange wir unterwegs sind. Und alle haben für uns unglaublich viele Tipps mit Orten, die wir besuchen müssten. Wenn wir all diesen
Vorschlägen folgen würden, wären wir wohl die nächsten 10 Jahre unterwegs. Es wurde langsam dunkel und der Vulkan verschwand definitiv hinter
der Nebelwand. Plötzlich wollte eine ältere Frau, die auch mit uns unterwegs war unbedingt mit uns allen meditieren. So schlossen wir alle die
Augen und lauschten ihrer Meditation. Mir wurde es dann aber doch etwas zu bunt und so machte ich die Augen wieder auf und genoss die Ruhe, die
es nun gab. Nach der Meditation verabschiedeten Lena und ich uns. Wir wollten am nächsten Tag fit sein. Denn geplant war, dass wir am nächsten
Tag um 03:00 Uhr aufstanden und die letzten 500 Höhenmeter dieses Vulkans besteigen, um dann vom Gipfel aus die Aussicht und den Sonnenaufgang
geniessen zu können.
Als uns dann am nächsten Morgen der Wecker um 03:00 Uhr weckte, waren wir nur so halb fit. Es war sehr kalt und wir hatten bis anhin nicht so
gut geschlafen. Wir kleideten uns an, mit allen Kleidungsstücken, die wir hatten, zogen die Stirnlampe an und gingen dann zur Feuerstelle. Unser
Guide war schon da, die anderen noch nicht. Wir warteten etwa 15 Minuten und die anderen trudelten dann nach und nach ein. Der Nebel war immer
noch da. Dazu kam noch, dass es ununterbrochen regnete. Der Guide erzählte uns dann, dass wir keine Chance haben, bei diesem Wetter auch nur
etwas zu sehen. Wir alle beschlossen dann, den Gipfel nicht mehr zu besteigen. Wir gingen dann alle zurück ins Bett und schliefen wieder ein.
Bei jedem Donnern jedoch schreckte ich auf, und schaute, ob man nicht doch etwas sah. Aber leider sah man nichts. So standen wir dann alle um
6:00 Uhr wieder auf. Assen das Frühstück, packten unsere Sachen und wanderten dann wieder los.
Der Abstieg war am Anfang sehr gemütlich. Der Regen hatte aufgehört. Wir plauderten mit den anderen und genossen die schöne Landschaft. Nach
ungefähr 90 Minuten fing dann der Abstieg an. Und es war unglaublich steil. Wir machten fast keine Pausen mehr und mit der Zeit begannen meine
Zehen zu schmerzen. Nichts desto trotz ging es unaufhörlich nach unten. Wir machten dann wieder eine Pause beim Holzhäuschen mit der Eintrittsgebühr
und beim Gasthaus am Ende der Wanderung. Wir sahen die nächste Gruppe an uns vorbeiziehen und auf den Vulkan gehen. Unten angekommen, gaben wir
unsere Wanderstöcke zurück und sassen erschöpft in den Transporter. Wir fuhren zurück zum Büro, gaben das ausgeliehene Material zurück, holten uns
unsere Taschen aus den Schliessfächern und verabschiedeten uns von den anderen. Wir hatten zwar kein Glück mit dem Wetter, dafür umso mehr mit der
Gruppe. Wir haben unglaublich viele nette Menschen von überall auf der Welt kennengelernt und wir waren uns sicher, dass wir die einen oder anderen
nochmals sehen werden.

Adrian Kölliker
08.05.2022

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