Ecuador

Der Ursprung des Amazonas

28.07.2022 - 30.07.2022

Wir deponierten unsere Rucksäcke in unserem Zimmer und schauten aus unserem Fenster. Die Sonne schien noch und mit ihren letzten Sonnenstrahlen beleuchtete sie die grosse, grüne Schlucht, die vor uns lag. Am Boden der Schlucht floss ein reissender brauner Fluss. Dieser Fluss war einer der vielen Zuflussströme des Amazonas. Das Wasser, welches wir hier sahen, wird irgendeinmal durch den gesamten Amazonas fliessen und dann im Meer in Brasilien münden. Es war eines meiner ganz grossen Ziele auf dieser Weltreise, den Amazonas und seinen Regenwald zu sehen. Leider haben wir es nicht geschafft. Der Amazonas lag nicht gerade auf unserem Weg und wir hatten ganz viele andere Dinge erlebt. Und einmal mehr wird mir bewusst, dass, obwohl ich ein Jahr lang Zeit habe um diese Welt zu sehen, ich doch nur einen kleinen Teil sehen werde. Es gibt so viele Dinge zu sehen, zu tun, zu erleben. Und an jeden Ort, an den man kommt, sieht man wieder neue Dinge, die man machen könnte. Machen möchte. Doch die Zeit rinnt einem durch die Hände wie Sand. Wir haben uns mit Absicht dazu entschieden, nun Mittel- und Südamerika zu verlassen. Obwohl es hier noch sehr viele Dinge zu sehen gäbe. Denn es gibt auch noch viele andere schöne Plätze auf dieser Welt. Und um diese sehen zu können, müssen wir jetzt weiter. Mittel- und Südamerika haben uns fasziniert. Es war nicht immer einfach, hier umherzureisen. Doch die Einfachheit und Freundlichkeit der Leute, die wunderschöne Natur, die unglaublich vielen Tiere, die Hochkulturen Amerikas und das warme, türkisfarbene Meer haben uns in ihren Bann gezogen. Wir werden eines Tages hierher zurückkehren. Nochmals in Ruhe die Galapagos Inseln bestaunen, dem Amazonas entlang wandern, die Salzwüste Boliviens durchqueren, die Iguazu-Wasserfälle in Argentinien bestaunen und an der Copa Cabana in Brasilien einen Cocktail schlürfen. Eines Tages.

Wir wendeten uns ab von unserem Fenster und fuhren mit einem Taxi in die Stadt. Denn wir wollten noch etwas das kleine Dorf erkunden und dann noch Abendessen. Als Erstes besuchten wir eine kleine Rooftop Bar, die uns Julian empfohlen hatte. Wir nahmen Platz, bestellten etwas zu trinken und spielten noch ein Claim, ein kleines Kartenspiel, das uns Anaïs und Nico mitgebracht hatten. Im Hintergrund ging gerade die Sonne unter und der Himmel verfärbte sich von gelb zu orange, rot und schlussendlich violett. Ein Violett, wie wir es noch nie am Himmel gesehen hatten. Neben uns türmte sich ein Vulkan in den Himmel. Wir bezahlten anschliessend unsere Getränke und suchten ein kleines indisches Restaurant auf, um noch etwas zu essen. Mit einem Taxi ging es dann zurück ins Hotel, wo wir tief in den Schlaf sanken.

Am nächsten Tag hatten wir geplant, ein Fahhrad zu mieten und dem braunen Fluss von gestern entlang zu fahren. Denn auf seiner Reise zum Amazonas stürzte er viele Klippen hinunter und bildete so eine Strasse aus faszinierenden Wasserfällen. Leider hatte mein Bauch nicht so Freude am indischen Essen wie ich. Ich wachte in der Nacht mehrmals wegen Bauchschmerzen auf. Auch zum Frühstück mochte ich nicht richtig etwas essen. Aber ich mag Bäche, Flüsse und Wasserfälle sehr. Und so wollte ich mir dieses Abenteuer nicht entgehen lassen. Wir fuhren mit einem Taxi los in das kleine Dorf und mieteten dort zwei Fahrräder. Anschliessend fuhren wir aus dem kleinen Dörfchen und folgten dem Fluss auf seinem Weg zur Mündung. Leider war die Strasse, der wir folgten, ein Highway. So fuhren viele Autos ziemlich schnell an uns vorbei. Doch sie hielten immer schön Abstand und ich hatte nie Angst auf unserer Reise. Es dauerte nicht lange, bis wir auch schon den ersten Wasserfall sahen. Er war zwar künstlich, denn man hatte hier eine grosse Staumauer gebaut. Aber die Wassermassen, die hier herunterstürzten waren schon unglaublich massiv. Und das war erst der Anfang. Die Brücke bewegte sich jedesmal, wenn ein Auto darauf fuhr und Lena war das Ganze nicht ganz geheuer. Also verliessen wir die Brücke schnell wieder und fuhren weiter. Wir durchquerten ein Tunnel und folgten ein paar Umfahrungsstrassen in diesem grünen Tal. Immer wieder sahen wir von überall Wasserfälle ins Tal stürzen. Nach knapp 2 Stunden Fahrt kamen wir in einem kleinen Dorf namens Rio Verde an. Das war unser Endziel. Denn hier konnte man anschliessend mit einem kleinen Lastwagen wieder zurück nach Banos fahren. Und hier gab es auch noch einen letzten Wasserfall zu sehen.

Wir stellten unsere Velos ab und folgten den Wegweisern zum Wasserfall. Der Weg führte uns in den Wald und in jenem den steilen Hang hinunter. Als wir beinahe beim Fluss angekommen waren bog der Weg ab und führte uns wieder den Hang hinauf. Wir mussten ein kleines Restaurant passieren, in welchem wir dann auch Eintritt zahlen mussten, um den Wasserfall zu sehen. Wir bezahlten und folgten einer alten Steintreppe hinauf. Wir hörten bereits das ohrenbetäubende Getöse des Wasserfalls. Und dann waren wir auf einer kleinen Plattform neben dem Fluss. Den Wasserfall sahen wir zwar noch nicht, dafür aber einen Wasserdunst, der hier überall in der Luft lag und vom Wasserfall herkam. Wir folgten dem Weg weiter und kamen dann auf eine Plattform direkt neben dem Wasserfall. Der Wasserfall war ungefähr 30 Meter hoch und es fielen unglaubliche Wassermassen in ein kleines Becken hinunter. Man wurde hier schon nass nur vom daneben stehen. Wir bestaunten das Naturspektakel und schossen einige Fotos. Plötzlich entdeckten wir noch einen kleinen, ungefähr 1 Meter hohen Gang in der Wand, welcher weiter hoch zum Wasserfall führte. Wir schauten uns kurz an, und uns beiden war klar, dass wir das machen wollten. So zwangen wir uns duch die kleine Höhle. Nach ungefähr 5 Minuten kamen wir in einem kleinen Felsvorsprung etwas höher am Wasserfall wieder hinaus. Wir bestaunten den Wasserfall und sahen dabei noch eine kleine Treppe, die hinter den Wasserfall führte. Doch der Weg führte praktisch unter dem Wasserfall hindurch. Es gab keine Möglichkeit, trocken zu bleiben. Aber wir wollten es tun. So kletterten wir die Treppe hinauf und huschten unter dem Wasserfall hindurch. Pflotschnass kamen wir da an. Vor uns sahen wir die weissen Wassermassen das Tal hinunterstürzen. Wir lachten und umarmten uns. Wir waren von oben bis unten durchnässt. Aber glücklich, dass wir hier sein konnten. Wir warteten noch einige Minuten, und kehrten dann zurück. Unter dem Wasserfall hervor, die Treppe hinunter, durch den tiefen Gang und die letzten Steintreppen hinunter zum Restaurant. Lena holte da noch etwas zum Trinken und ich gab ihr meinen trockenen Pullover zum Anziehen. Wir sassen da, schauten in das grüne Tal, die grünen Hänge und sprachen darüber, wie wir uns unsere Zukunft vorstellen. Wir vergassen die Zeit und genossen es nur, da zu sein. Als dann der Himmel wegen Wolken etwas dunkler wurde, kehrten wir langsam zu unseren Fahrrädern zurück. Wir liefen mit ihnen zu den Lastwagen, die uns zurück nach Banos bringen sollten. Wir verluden die Fahrräder und stiegen selber hinten ein. Dort warteten wir ungefähr 30 Minuten, bis noch andere Radfahrer*innen eingestiegen waren. Anschliessend fuhren wir los und genossen die Landschaft nochmals in Revue, die wir vor ein paar Stunden selber geradelt waren. In Banos gaben wir die Fahrräder zurück und kehrten zurück zu unserem Hotel.

Julian hatte uns gestern noch den Tipp gegeben, die heissen Vulkanquellen zu besuchen. So packten wir im Hotel nur kurz den Rucksack um und fuhren dann mit einem Taxi zu den besagten Quellen. Dort stiegen wir aus und kauften uns als Erstes eine Badekappe. Denn man musste eine anziehen, um die Quellen besuchen zu dürfen. Die Quellen waren anschliessend mehr wie eine Badeanstalt als wilde Quellen im Wald, wie ich sie mir eigentlich vorgestellt hatte. Wir bezahlten den Eintritt und zogen uns in den Umkleidekabinen um. Anschliessend sprangen wir unter die immer laufenden Duschen. Das Wasser war angenehm warm. Die Badeanstalt bestand aus verschiedenen Schwimmbecken. Zwei hatten klares Wasser und schimmerten blau wie bei uns zu Hause, die anderen waren tonbraun gefärbt. Nicht sehr anmächlich. Wir stiegen dann in das erste Bad und genossen das warme Wasser. Wir besuchten ein Becken nach dem anderen und stellten fest, dass die blauen Becken blau waren, da sie wohl nicht aus dem Vulkan stammen und a****kalt waren. Zum Schluss gingen wir noch in das wärmste Bad. Und das war kaum aushaltbar, wo heiss war es. Ich fühlte mich wie ein Pollo im Schmortopf. Lena genoss das warme Wasser sehr. Doch nach knapp 10 Minuten wurde mir schwindlig und ich musste das Bad verlassen. Wir verweilten noch etwas in einem anderen Becken und zogen uns dann um. Wir liefen zu Fuss zurück ins Dorf und gingen dort noch etwas essen. Anschliessend kehrten wir zurück in unser Hotel und schliefen ein letztes Mal in Banos ein.

Am nächsten Morgen frühstückten wir im Hotel, packten unsere Sachen und fuhren mit dem Taxi zum Busbahnhof. Wir waren gestern bereits kurz hier, um uns zu erkundigen, wann die Busse fahren und um ein Ticket im Voraus zu kaufen. Julian hatte uns vorgestern eine Busgesellschaft empfohlen, die besonders sicher sei. Die Frau am Schalter sagte uns aber, dass wir keine Fahrkarten für den nächsten Tag kaufen können und wir uns keine Gedanken machen müssten. Es hätte genügend Platz für uns. So fuhren wir also um 09:30 Uhr an den Busbahnhof, um den Bus um 10:00 Uhr zu erwischen. Schon als wir beim Terminal ankamen wurden wir von unzähligen Menschen umworben, ob wir nach Quito wollen. Wir sind uns das inzwischen aber gewohnt und liessen uns nicht beirren. Beim Schalter angekommen sagte uns ein Mann, dass die nächsten zwei Busse ausgebucht wären und wir erst wieder um 12:00 Uhr einen Bus haben. Etwas ratlos standen wir da und nun hatten alle rund um uns mitbekommen, dass wir nach Quito wollen. Ein Mann wies uns energisch an, ihm zu folgen. Da wir nichts anderes zu tun hatten, folgten wir ihm. Er rannte auf die Strasse hinaus und rief wild in spanisch dem Bus irgendwelche Worte hinterher. Der Bus hielt an, ein Kondukteur stieg aus und half uns, die Koffer in den Car zu packen. Wir stiegen ein und kaum hatte ich den zweiten Fuss im Bus, fuhr der Bus auch weiter. Wir liefen in den hinteren Teil des Busses, aber alle Plätze waren belegt. So mussten wir die erste halbe Stunde stehen. Nach kurzer Zeit zwängte sich der Kondukteur durch den Bus und kassierte bei jedem Passagier den Fahrpreis ein. Auch wir mussten 5$ je zahlen. Für eine vierstündige Busfahrt eigentlich ganz okay. Nach gut einer halben Stunde waren wir beim ersten Stopp angekommen, und die ersten Leute steigen aus. Lena und ich konnten zwei Sitzplätze nebeneinander ergattern und so konnten wir den Rest der Fahrt sitzend verbringen.

Adrian Kölliker

01.08.2022

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