Japan

Ryokan, Yukata und Onsen

20.11.2022 - 22.11.2022

Es war bereits dunkel geworden draussen. Wir verliessen den Bahnhof und suchten die nächste Tramhaltestelle. Dort angekommen begutachteten wir die ausgehängten Schilder um das richtige Tram zu finden. Schon bald wurden wir von einem älteren Japaner angesprochen, der uns mit einigen Gesten fragte, wo wir den hin wollten. Wir nannten ihm unsere Endhaltestelle und er erklärte uns, welches Tram wir nehmen müssen. Er zeigte uns, dass er auch auf dasselbe Tram muss. Das Tram kam, und wir alle stiegen ein. Das Tram war kaum länger als ein kleiner Lieferwagen. Am Bahnsteig hatten wir keinen Fahrkartenautomaten gesehen und so waren wir noch etwas unsicher, wie wir denn jetzt die Fahrkarte lösen konnten. Im Tram befand sich jedoch ein Kondukteur und ein Geldwechsler. Wir beobachteten wie immer etwas die anderen Leute und fanden heraus, dass wir zuerst beim Geldwechselautomaten das Geld wechseln müssen und diesen dann erst beim Aussteigen exakt bezahlen mussten, indem wir ihn in einen Automaten warfen. So wechselten wir noch eine Note in Münz und schon bald verabschiedete sich der ältere Japaner von uns, und sagte uns, dass wir in zwei Stationen dann auch aussteigen müssen. Unsere Endhaltestelle kam, wir warfen je 180 Yen in den Automaten und stiegen aus dem Tram aus. Nach einem kurzen Fussmarsch durch eine beleuchtete Einkaufsstrasse und ein paar dunkle Hinterhofstrassen erreichten wir unsere Unterkunft.

Es war ein altes japanisches Holzhaus inmitten moderner Hotelanlagen. Das kleine Hotel sah aus, wie eine kleine idyllische Insel inmitten der Grossstadt. Wir betraten den Vorgarten und liefen einen kurzen Kieselweg entlang bis zur Türe. Dort schoben wir die hölzerne Schiebetüre auf und mit gesenktem Kopf betrat ich das tiefe Haus. Ein freundlicher japansicher Mann mit Glatze kam um die Ecke und begrüsste uns. Er fragte uns, ob wir Magdalena seien und lachte freundlich, als wir bejahten. Er wies uns an, unsere Körpertemperatur zu messen und anschliessend unsere Schuhe auszuziehen. Wir folgten ihm anschliessend ein paar Treppen nach oben zu einer kleinen Rezeption. Er erklärte uns alles wichtige zum Hotel. Wir fragten ihn anschliessend noch, ob er in der Umgebung ein gutes Restaurant kenne. Er begann eine Vielzahl an Restaurants aufzuzählen und fragte uns dann, auf was wir denn Lust hätten. Lena sagte nur knapp "No fish". Der Mann verstummte und sah uns etwas fragtend an. Nachdem er etwas länger die Karte mit den ungefähr 50 Restaurants studierte hatte, zeigte er uns auf eins, und sagte, dass man da wohl etwas mit Fleisch finden würde. Ich hörte schon, wie Lena leer schluckte. Er drückte uns den Schlüssel in die Hand und führte uns dann in den oberen Stock des Holzhauses, wo er eine lange hölzerne Schiebetüre mit typischen Aussparungen aus Papier aufschob. Wir betraten ein Zimmer mit tiefer Decke, Wänden aus Holz und Washi Papier und einem kleinen Tischchen, welches nicht mehr als 30 Zentimeter über dem Boder bereits die Tischplatte hatte. Er zeigte auf einen Stapel mit frischen Decken und Matrazen und erklärte uns noch, dass wir die Yukatas morgen auch für den Besuch der Onsen anziehen konnten. Dabei zeigte er auf ein paar Gewänder, die an einem Kleiderständer hingen. Er verabschiedete sich von uns und liess uns im grossen leeren Zimmer zurück. Wir machten uns daran, die Matratzen im Nebenzimmer auszulegen und die Bettwäsche anzuziehen. Anschliessend setzten wir uns kurz an den Tisch und tranken noch etwas Wasser und redeten zusammen. Doch das Knien wurde doch schon recht bald unangenehm und so entschieden wir uns, etwas Essbares zu suchen.

Doch die Suche nach einem geeigneten Restaurant erwies sich dann doch schwieriger als bisher. Alle Restaurants hier hatten sich auf Fisch und Meeresfrüchte spezialisiert. Kein Wunder, denn die Stadt liegt direkt am Meer und Japan ist doch für seinen reichhaltigen Fischkonsum bekannt. Nach 30-minütigem, erfolglosem Umherirren fanden wir dann noch einen Italiener, welcher unseren Anforderungen nach einem fischlosen Menu entsprach. Wir kehrten ein und nahmen Platz. Wir bekamen eine Karte und genossen es richtig, aus einem Menu auslesen zu können, bei dem wir wussten, was die einzelnen Punkte waren und wir auch wussten, wie die Dinge schmeckten. Es war doch anstrengend in den letzen Tagen immer Neues auszuprobieren und so genossen wir es sehr, etwas Altbekanntes serviert zu bekommen. Wir kehrten anschliessend zurück ins Hotel, suchten noch das Gemeinschaftsbad auf, um unsere Zähne zu putzen und gingen anschliessend ins Bett.

Am nächsten Morgen wurden wir von den Sonnenstrahlen geweckt, die rund um uns herum durch die Papierfenster auf unser Gesicht fielen. Wir standen auf und begaben uns ins Wohnzimmer im unteren Stock. Es gab insgesamt 4 Tische, nicht grösser als jener in unserem Zimmer. An den anderen Tischen hatten bereits andere Gäste Platz genommen. Unser Gastgeber betrat mit einem grossen Tablet den Raum und kniete sich neben uns hin. Er stellte uns Teller und zwei Tassen Tee auf unseren Tisch. Anschliessend erklärte er uns kurz, was er uns gerade serviert hatte. Es gab Reis, Seegrass, Krabbenkekse, fermentiertes Gemüse und Bohnen. Dazu typisch einen grünen Tee. Wir genossen das Frühstück. Das meiste war sehr lecker, auch wenn es meiner Meinung nach doch etwas mehr Salz vertragen hätte. Lena verzog bei den Krabbenkrebsen etwas das Gesicht, aber schlang dann alle mutig herunter. Nach dem Frühstück kehrten wir in unser Zimmer zurück und zogen den Yukata an. Anschliessend bekamen wir noch ein paar Holzschlappen und machten uns damit bewaffnet auf den Weg durch die Stadt bis zum nächsten Onsen.

Wir hatten uns als erstes Ziel das älteste Onsen von Japan ausgesucht. Nach einem kurzen Fussmarsch befanden wir uns vor einem alten ehrwürdigen Gebäude und wurden dort wiederum von einem älteren japanischen Mann begrüsst. Alles war nur auf japanisch angeschrieben und der Mann sprach natürlich auch nur japanisch. Mit einigen Handzeichen gab er uns dann zu verstehen, dass wir unsere Schuhe ausziehen mussten und anschliessend das Haus betreten konnten. Wir zogen die Schuhe aus und packten sie in ein Schliessfach. Anschliessend begaben wir uns zu einem Thresen, wo uns eine Frau ein Blatt Papier auf Englisch entgegen streckte. Wir bezahlten den Eintritt und entschlossen uns, noch etwas Shampoo dazu zu kaufen. Anschliessend mussten wir uns trennen. Denn gebadet wird hier immer getrennt. Also folgte ich dem kleinen blauen Männchen zu den Umkleidekabinen der Männer. Dort kamen mir schon einige nackte Männer entgegen. Ich zog mich auch aus und verstaute meine Habseligkeiten im Schliessfach. Anschliessend betrat ich das Onsenbad. Es war anders, als ich mir es vorgestellt hatte. Es war viel kleiner. Eigentlich war es ziemlich ählich wie das Bad im Hotel, von dem Lena bereits geschrieben hatte. Es gab Duschen mit einem kleinen Holzhocker und dann ein Bad, welches etwa Platz für 6 Männer bot. Und das war es dann auch schon. Ich duschte kurz und begab mich dann ins Bad. Aber das Wasser war beinahe unerträglich warm. Ungefähr 42 Grad. Nach knapp 15 Minuten hielt ich es nicht mehr aus und verliess das Bad wieder. Ich duschte mich nochmals und verliess anschliessend das Bad. Oben wartete dann bereits Lena auf mich. Sie hatte es auch nicht mehr viel länger ausgehalten. In unserem Yukata alias Pyjama watschelten wir wieder durch die Stadt zurück zu unserem Hotel. Müde vom langen Baden fielen wir dann auch gleich in einen tiefen Mittagsschlaf. Als wir wieder aufwachten war der Tag bereits fortgeschritten und so etnschlossen wir uns, noch etwas Kleines zu machen.

Wir fuhren mit dem Tram in die Stadt, versuchten noch einige Postkarten aufzugeben, eine Reservation für den Zug am nächsten Tag zu erhalten und entschieden uns dann, die alte Burg noch zu besuchen. Diese war auf einem kleinen Berg inmitten der Stadt gelegen. Eine wahre Festung und ich genoss den Besuch sehr. Als wir das Innere der alten Burg betraten, mussten wir sogar hier unsere Schuhe ausziehen. Nur mit Socken watschelten wir also durch die ganze Burg und lernten viel über den Schlossbau im vorimperialen Japan, sahen diverse Samurai Rüstungen und Schwerter und hatten auf dem höchsten Turm eine wunderbare Aussicht über die Stadt, hinter welcher gerade die Sonne im Meer versank. Anschliessend holten wir unsere Schuhe wieder ab und machten uns auf den Weg zurück zu unserem Hotel. Um den Berg hinunter zu kommen, hatten wir uns dazu entschieden den "Lift" zu nehmen. Aber es war kein normaler Lift. Es war vielmehr ein Skilift, also ein Bügellift. Einfach ohne Bügel sondern mit einem einfachen Stuhl. So betraten wir den Bügellift, warteten bis der Stuhl unter uns war, hielten ihn fest, setzten uns drauf und schon ging es auch den Berg hinunter. Ein lustiges Erlebnis. Auf dem Weg nach Hause entdeckten wir noch einen Hamburgerladen und Lena ergriff die Gelegenheit beim Schopf. Gestärkt mit einem leckeren Burger und ein paar Pommes kehrten wir dann müde zurück zu unserem Hotel und schauten noch einen Film. Der letzte Samurai mit Tom Cruise. Wir erkannten viele Themen der Geschichte wieder und auch die Landschaft kam uns nun viel bekannter vor. Müde schliefen wir dann ein.

Am nächsten Tag hiess es bereits wieder Koffer packen. Wir packten unser Zeug zusammen, genossen nochmals ein fast identisches Frühstück wie am letzen Tag und machten uns dann nochmals auf, ein Onsen Bad zu besuchen. Dieses war nun etwas moderner und wir bekamen anschliessend sogar noch einen heissen Tee und eine Süssigkeit auf dem Balkon des Gebäudes. Wir kehrten anschliesend zurück zum Hotel, holten unsere Rucksäcke und machten uns auf den Weg zum Bahnhof. Dort angekommen wurden wir noch von einem amerikanischen und einem philipinischen Studenten angesprochen. Wir waren froh, als der Zug einfuhr und wir uns verabschieden konnten. Wir nahmen Platz und und fuhren Richtung Hiroshima.

Wir fuhren am Meer entlang zu einer grossen Brücke, welche uns wieder auf die Hauptinsel von Japan zurück brachte. Vorbei an Sandstränden, grünen Hügeln und dicht bewachsenen Wäldern in allen Farben des Herbstes. Die Landschaft war wunderschön, wenn sie dann mal zum Vorschein kam. Denn der grösste Teil Japans ist überbaut. Japan ist das Land, welches mich bis jetzt am meisten an die Schweiz erinnert. Alles ist sauber und klar strukturiert. Die Menschen sind höflich und das Land hat einen gewissen Wohlstand erreicht. Doch irgendwie sieht die überbaute Landschaft etwas trostlos aus. Ich frage mich, ob es bei uns in ein paar Jahren auch so aussehen wird. Wohin uns wohl unser Drang nach Wirtschaftswachstum noch so treiben wird, frage ich mich, und lasse die vielen Gebäude und Industriekomplexe an mir vorbeiziehen.

Adrian Kölliker

25.11.2022

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