
Japan
Möge der Frieden gewinnen!
Wir stiegen aus dem Shinkansen aus und bahnten uns den Weg zur Strassenbahn. So langsam hatten wir das japanische System begriffen und wir fanden uns schnell zurecht.
Wir stiegen in das kleine Tram ein, tauschten unsere Münze gegen viele kleinere, hielten das exakte Fahrtgeld in der Hand und warteten geduldig auf unseren Stopp. Wir mussten
zum Glück nicht lange warten und waren schon bald bei unserem Stopp angekommen. So zahlten wir beim Aussteigen den Kondukteur und überquerten kurz die Strasse und checkten in unser Hotel ein.
Für uns war es perfekt! Der Check-in verlief reibungslos, unser Zimmer war sauber und hatte alles, was wir brauchten. Zudem waren wir endlich wieder unter unserem Budget. :)
Kaum im Hotel angekommen, schlüpfte ich in das Pijama. Ich liebe japanische Hotels! Nebst geheizten WC-Sitzen gibt es auch Zahnbürsten, Zahnpasta, Hausschuhe und bequeme
Pijamas. Wir gönnten uns eine kurze Pause und machten uns dann im Dunkeln wieder auf für das Nachtessen. Unser Hotel hatte eine tolle Lage und so liefen wir etwas im Stadtzentrum
herum. Und schon bald wurden wir fündig. Das Restaurant sprach uns an und auf Google hatte es gute Bewertungen - davon keine auf englisch. Das war uns sympathisch und so traten wir
ein. Etwas ungewiss, was uns erwarten würde, setzten wir uns an den Thresen und bekamen das Menu nur auf Nachfrage. Die Frau meinte, dass wir es ja sowieso nicht verstehen würden.
Was ja durchaus stimmt. Wir dachten, sie sei nicht allzu freundlich. Wir übersetzten dann das Menu und bestellten uns Gemüse, Kimchi und Wagyu Rind.
Hinter dem Thresen waren nur die Frau und ein Koch. Und so langsam tauten sie auf. Sie erzählte uns, dass sie von den Philippinen käme und fragte uns etwas aus, was wir schon
alles gesehen hatten. Wir fühlten uns sehr wohl. Und währenddessen bereitete der Koch alle Speisen direkt vor uns auf einer riesigen heissen Grillplatte zu. Wir schauten ihm zu und
langsam kamen auch noch andere Gäste ins Restaurant. Der Koch bereitete immer eine Speise zu und stellte uns diese dann direkt vor die Nase. Das Essen war wunderbar! Wir hatten uns
endlich wieder einmal genau richtig entschieden. Wir genossen den Abend sehr und bestellten danach auch noch das, was unsere Nachbarn bestellt hatten.
Am nächsten Morgen schliefen wir aus und machten uns im Regen auf Richtung Friedensmuseum. Deswegen waren wir ja schliesslich in Hiroshima. Der Friedenspark befindet sich
auf einer Halbinsel zwischen zwei Flussfingern und befindet sich direkt dort, wo am 6. August 1945, um 08:15 Uhr die erste Atombombe abgeworfen wurde. Wir betraten das Museum und
wurden eingesogen. Das Museum war wirklich gut gestaltet und schon nach kurzer Zeit hatten wir beide Tränen in den Augen. Die Fotografien, Berichte von Augenzeugen, Helfern und
Angehörigen und die austestellten Stücke, welche das Ausmass der Zerstörung zeigten berührten uns sehr. Das Museum erzählte uns sehr anschaulch die Geschichte Hiroshimas vom
06. August 1945.
Bis zu diesem Tag um 08:15 Uhr war Hiroshima eine grosse Stadt, die sich zwar im Krieg befand aber noch nicht wusste, dass bald alles zerstört würde, was ihnen lieb war.So liessen die
Amerikaner am frühen Morgen die Atomwaffe 'Little Boy' direkt über dem Zentrum von Hiroshima abwerfen. Der Himmel wurde ganz plötzlich farbig und die entstehende Hitze zusammen mit
der Druckwelle und der radioaktiven Strahlung zerstörte alles. Die Bombe löste eine Hitzewelle mit Temperaturen von 3000 Grad Celsius aus. Die Menschen wurden bei lebendigem Leib verbrannt.
Hautfetzen hingen nur so herunter und alle Gebäude brannten und stürzten ein. Alles wurde zerstört. Und die Überlebenden hatten schwerwiegende Verletzungen und suchten im Chaos verzweifelt
ihre Angehörigen. Damals noch im Unwissen, dass die meisten von ihnen aufgrund der Strahlenbelastung auch bald dem Tod in die Augen sehen mussten. Die Leute wussten nicht, was passiert war und
hatten keine Ressourcen, um die Opfer zu behandeln. Es herrschte Chaos, Zerstörung und Trauer. Nichts mehr war noch wie gestern. Mit einer Bombe wurden 140'000 Menschen das Leben genommen.
Unzählige weitere mussten in den darauffolgenden Jahren aufgrund von durch Radioaktivität ausgelösten Krankheiten wie Krebs oder Leukämie ihr Leben lassen. Diese Bombe brachte die Hölle auf Erden
nach Hiroshima. Alle waren betroffen - ungeborene Kinder, die Behinderungen entwickelten, Kinder, die gerade Häuser abrissen, um bei einem Bombenabwurf den entsehenden Brann einzudämmen,
Erwachsene, die einfach nur ihrer Arbeit nachgingen genauso wie die vielen Zwangsarbeiter*inenn von der Korea Halbinsel, die damals zu Japan gehörte.
Wir liefen durch das Museum und sahen zerstöre Gegenstände, zerstörte Gebäude, geschundene Menschen, verbrannte Kinder und zerstörtes Kulturgut. Und trotz all dem sahen wir
keine Wut und keine Rachegedanken. Wir sahen Selbslosigkeit, Herzlichkeit und viel Hoffnung. Hoffnung, dass dies die letzte Atombombe gewesen sein wird, die die Welt je sehen
muss. Dass Hiroshima wieder aufgebaut werden kann. Und Japan sich endlich dem Krieg entziehen kann. Dass nur schon 3 Tage später auch Nagasaki Ziel eines weiteren Atomwaffenangriffs werden
soll, war damals noch niemandem bekannt.
Das Museum regte zum Denken an. Vor allem vor dem Hintergrund des aktuellen Kriegs in Europa. Wir fragten uns, wieso Atomwaffen immer noch existieren? Wieso diese in den
Händen der gefährlichsten Menschen auf dieser Erde liegen? Wieso es so einfach sein darf, eine ganze Stadt auszulöschen? Und wieso der Frieden nicht endlich mal siegen darf?
Für was sind all diese Menschen gestorben, wenn wir es nicht schaffen, aus unseren Fehlern zu lernen?
Wir liefen nach dem Museum durch den Park und betrachteten ein Gebäude, welches den Angriff halbwegs überstanden hatte. Schweigend liefen wir danach zurück zum Hotel und
konnten immer noch nicht fassen, was wir gesehen hatten. Und dass wir nur 57 Jahre später in dieser Stadt stehen. Ohne zu bemerken, dass hier alles neu ist. Alles wurde aufgebaut.
Das Leben kam zurück und mit ihm auch die Menschen. Und so ist Hiroshima heute wieder eine Millionenstadt. Eine, die für den Frieden auf der Welt einsteht mit dem Motto: 'Hiroshima - never
again!'.
Wir kamen so langsam mit unseren Gedanken zurück in diese Zeit und gönnten uns eine Ramensuppe. Danach gingen wir ins Hotel zurück, wuschen unsere Kleider und Adi arbeitete noch etwas.
Danach gönnten wir uns noch einmal Wagyu Rind zum Nachtessen auf einem japanischen Grill. Wir konnten von diesem Fleisch einfach nicht genug kriegen und können bestätigen, dass
es das beste auf der Welt ist!
Am nächsten Tag checkten wir aus und gaben unser Gepäck bei der Rezeption ab. Wir wollten nämlich noch die Burg von Hiroshima erkunden. Früher hatte hier der Kaiser ab und an
residiert. Während dem Krieg wurde die Burg als Militärhauptsitz benutzt. Und beim Bombenangriff wurde so ziemlich alles zerstört. Was wir jetzt sahen, war also alles neu aufgebaut.
Ausser der Shreinbogen am Eingang. Dieser überlebte sonderlicherweise die Atombombe und steht heute noch. In der Burg liefen wir auf den Turm und erkundeten das Museum. So viel
verstanden wir aber nicht. Denn es war alles auf japanisch und nichts auf englisch angeschrieben. So schnelle Lerner sind wir auch wieder nicht. ;) Aber die Aussicht war schön und der Park
auch. Ich interessierte mich zudem für die vielen Kois im Burggraben und Adi für die vielen Abwehrinstallationen.
Auf dem Rückweg zum Hotel liefen wir noch an einem kleinen Restaurant vorbei. Es lächelte uns an und so traten wir ein. Und standen vor einem Automaten. Alles war auf japanisch
angeschrieben. Und so mussten wir uns entscheiden, welche Nudeln wir nun wollten. Wir versuchten uns im Übersetzen, aber schlussendlich war es eine blinde Entscheidung.
Wir waren nur sicher, dass wir Nudeln und kein Reis bestellt hatten. Wir bezahlten im Automat und setzten uns dann an den Thresen. Und kaum 5 Minuten später standen unsere Nudeln
auch schon. Und sie waren sehr lecker! Was genau aber die Unterschiede beim Automat gewesen wären, verstanden wir nicht. Aber egal, wir genossen das Essen und waren
wieder um eine Erfahrung reicher.
So zottelten wir zurück zum Hotel, holten unser Gepäck und fuhren mit der Strassenbahn zum Bahnhof. Dort reservierten wir noch kurz einen Sitzplatz bevor es dann in den letzten
Shinkansen unserer Reise ging. Wir fuhren zurück nach Osaka! Dort stehen nun unsere letzten vier Tage in Japan an. Kleiner Spoiler: Wir starten mit einem Kapselhotel. :)

Lena Gisiger
24.11.2022

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